THEOLOGE UND LOKALHISTORIKER
Am 14. Juli 1793 wurde Johann Heinrich Nepomuk Schreiber geboren. Der katholische Theologe war der erste bedeutende Lokalhistoriker Freiburgs. Mit großer Begeisterung untersuchte er die römische Vergangenheit Südbadens – und seine Initiative war es auch, auf die die erste Beschreibung der römischen Badruine in Hüfingen zurückgeht. Schreiber begann 1808 halbherzig, um später einen „Brotberuf“ zu finden, ein Theologiestudium in Freiburg. Mit Leidenschaft und ganz nebenher verschrieb er sich der Geschichte. 1821 wurde er in Geschichte promoviert, ein Jahr später erlangte er durch seine Habilitation die Lehrberechtigung an der Universität Freiburg. Dort fand er allerdings keine dauerhafte Anstellung. Enttäuscht wechselte er daher 1822 an das Badische Großherzliche Gymnasium, heute das Berthold-Gymnasium in Freiburg.
BÜRGERLICHE ANTIKENBEGEISTERUNG
Als Schreiber seine Arbeit am Gymnasium antrat, herrschte im gebildeten Bürgertum große Begeisterung für die Antike – in Südbaden war dies durch eine sensationelle Entdeckung noch einmal besonders verstärkt: 1820 war es gelungen, das antike Brigobannis auf der „Tabula Peutingeriana“ als das heutige Hüfingen zu identifizieren. Die „Tabula Peutingeriana“ oder Peutingersche Tafel ist eine fast 7 Meter lange Karte, die das römische Straßennetz der Spätantike von den Britischen Inseln bis nach Indien darstellt. Noch im selben Jahr begannen umfangreiche Ausgrabungen. Zwar war schon länger bekannt, dass in Hüfingen römische Relikte lagen – jedoch gab es erst jetzt das Interesse, diese systematisch zu untersuchen. 1821 wurden die Ausgrabungen abgeschlossen. Die Grundmauern eines beachtlichen Gebäudes mit rund 570 Quadratmetern Fläche waren ans Licht gekommen. Die außerordentlichen Funde gaben Anlass zu Spekulationen: Um was könnte es sich gehandelt haben?
DER AUFSATZ EINES SCHÜLERS – EIN MEILENSTEN
Auf Anregungen Schreibers verfasste der Gymnasiast Joseph Frick während der Osterferien 1824 einen lateinischen Aufsatz, der genau diese Frage klären sollte. Der Text des Abiturienten war, trotz eines gravierenden Fehlers, ein Meilenstein: Er enthält die erste systematische Beschreibung der römischen Badruine Hüfingen. Schreiber war so begeistert, dass er den Aufsatz sogar im Druck veröffentlichte. Frick vermutete, dass es sich bei den Überresten nicht um ein Badgebäude handeln könnte: „Ich für meinen Teil kann, ich gestehe es ehrlich, nach sorgfältiger Abwägung des Befundes dieser Ansicht keinesfalls beipflichten.“ Denn eine Bodenheizung allein sei schließlich kein Beweis für die Existenz eines Bades. Vielmehr handle es sich um eine „bekannte italienische Sitte“, der „damals schon verwöhnten Römer“. „Welcher gründliche Kenner der Umstände wird bloß wegen dieses Befundes glauben, alle seien Bäder gewesen?“ Frick vermutete daher, dass die Überreste von einem Wohngebäude stammen würden.
DIE BADRUINE HÜFINGEN ALS WOHNHAUS?
Dass der Schüler Frick mit seiner Schlussfolgerung irrte, ist heute bekannt. Die Archäologen können die Funde längst unzweifelhaft handelt als römisches Bad einordnen. Fricks Verdienst – ein gesunder Zweifel und die planvolle, methodische Beschreibung der Funde – bleibt jedoch. Trotz seines Aufsatzes wurde aus Frick kein Historiker. Er studierte Mathematik und Physik, seine Promotion erfolgte in Medizin. Dem Historiker Heinrich Schreiber selbst gelang es schließlich, 1826 an die Universität zurückzukehren. Nach einer Professur in Theologie erhielt er 1836, nach Streitigkeiten mit dem Freiburger Bischof, den Lehrstuhl für historische Hilfswissenschaften. Aus seinen späten Lebensjahren stammt eine ausführliche Geschichte der Stadt Freiburg sowie eine Geschichte der Universität. Bei den Historikern in ganz Europa stand er in hoher Achtung: Schreiber war Ehrenmitglied in zahlreichen historischen und archäologischen Gesellschaften. Er starb 1872 in Freiburg.
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